Herrn Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer

Im Dezember vergangenen Jahres richteten wir untenstehenden Brief an LH Dr. Josef Pühringer.

Da er bis dato unbeantwortet geblieben ist, wollen wir ihn hiermit veröffentlichen.



ZUGKUNFT Mühlkreisbahn



Herrn
Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer
Landhausplatz 1
4021 Linz

RegioBahn statt RegioTram

Haslach, am 16.12.2014

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann Dr. Pühringer!

Am 31. August 2008, einem wunderschönen Spätsommer-Sonntag, fanden die Feierlichkeiten zum 120-jährigen Bestehen der Mühlkreisbahn statt. Wenige Tage zuvor hatte der damalige Verkehrsreferent LHStv. DI Haider diesen Umstand genutzt und sein Regioliner-Projekt öffentlich bekanntgegeben. Die Ernüchterung und Empörung darüber war an diesem Festtag spürbar und es ist sicher noch den  damals teilnehmenden 8.000 Personen in Erinnerung, dass Sie sich wiederholt in den diversen Halten des Dampf-Sonderzuges und auch beim Festakt am Marktplatz von Aigen i.M. eindeutig gegen den Rückbau zu einer Schmalspurbahn ausgesprochen haben und auch ihr Bekenntnis zu einer Modernisierung der Mühlkreisbahn in der gesamten Länge abgegeben haben. Dies war auch wenig später in der „Sendung des Landeshauptmannes“ in Radio OÖ und wiederholt im Wahlkampf zur Landtagswahl 2009 zu hören.

Wir erinnern uns an die Presseaussendung von LHStv. Hiesl vom 21.09.2009 (auszugsweise):
… 10 Jahre ist im Öffentlichen Verkehr praktisch nichts weitergegangen. Jetzt müssen wir endlich "Nägel mit Köpfen" machen: Wir werden in der kommenden Legislaturperiode die Mühlkreisbahn deutlich attraktiver gestalten, ….Die Mühlkreisbahn zwischen Aigen und Linz wird ausgebaut. Durch kürzere Fahrzeiten soll die bestehende Verbindung für die vielen Pendler attraktiver werden. Ziel ist auch, die stark befahrene B 127 zu entlasten…. Dieses Gesamtkonzept bringt Schwung in den öffentlichen Verkehr in Oberösterreich und den Linzern und Mühlviertlern die lang erhoffte öffentliche Anbindung und … ist die beste Lösung für Linz und für das Mühlviertel.“

Und in einer weiteren Presseaussendung von LHStv. Hiesl vom 22.06.2009 heißt es auszugsweise:
„… stehe ich aber zu einer Schienenverbindung bis Aigen, die Einstellung wird es mit mir sicher nicht geben.“

Seither ist wiederum 5 Jahre nichts geschehen. Die Mühlkreisbahn verfällt zusehends, v.a. im Streckenabschnitt oberhalb von Rottenegg und die Landespolitik schaut dabei zu, ohne die Österreichischen Bundesbahnen an die Verpflichtungen aus dem Verkehrsdienstevertrag zu erinnern.

Es scheint, als ob das ungeliebte Projekt einer sog. RegioTram den Menschen außerhalb des Zentralraums von Linz aufs Auge gedrückt werden soll. Obwohl bei diversen öffentlichen Projekterläuterungen die Ablehnung gegen dieses Projekt überwältigend war. Das Kunstwort „RegioTram“, das offensichtlich Modernität und Zukunftsorientierung vermitteln soll, erweist sich zusehends als Mogelpackung. Denn dahinter verbirgt sich nichts anderes als eine Straßenbahn, die nur den stadtnahen Bereich abdecken wird – es wird immer wieder kolportiert, dass diese Bahn ohnehin nicht weiter als bis Rottenegg geplant ist. Dies wird erhärtet durch Fakten, die sich aus diversen Presseaussendungen ergeben:

In der Pressekonferenz vom 20.04.2011 wurde ein Variantenvergleich von 4 untersuchten Varianten vorgestellt. Letztlich wurde die teuerste und nach Meinung vieler Experten am wenigsten wirkungs- und sinnvolle Variante ausgewählt: eine RegioTram bis Rohrbach um präliminierte Kosten von € 165 Mio (gegenüber der Volleisenbahn von € 112 Mio – also Differenz € 53 Mio); bereits wenig später wurde die annähernd selbe Summe für den Ausbau nur bis Kleinzell (rd. € 150 Mio) genannt und die Anbindung von Rohrbach (oder gar Aigen) nur mehr als Möglichkeit, wenn sich der Verkehr bis Kleinzell bewähren sollte, in Aussicht gestellt.

Erst kürzlich wurden die Kosten für die rd. 4,5 km lange Verlängerung der Straßenbahn nach Traun mit € 70,8 Mio. beziffert. Dieser Vergleich lässt erahnen, dass unsere Befürchtungen keinesfalls aus der Luft gegriffen sind.

In der Presseinformation vom 2. Dezember 2014 wird verkündet, dass die Mühlkreisbahn die wichtigste der zu übernehmenden Regionalbahnen ist, aber erst nach 2020 mit der Modernisierung begonnen werden soll. Ebenso wird ausgesagt, dass alle „derzeit in Betrieb befindlichen Regionalbahnen gesichert und weiterbetrieben werden.“

Es ist ein Schlag ins Gesicht eines ganzen Bezirks, wenn man sich die Konsequenzen dieser Aussagen vor Augen hält: 6 Jahre Stillstand, ohne dass nennenswerte Verbesserungen an der Strecke durchgeführt werden. Dies ist ein Vertreibungsprogramm ersten Ranges, das offensichtlich zum jetzigen Zeitpunkt nur dazu dienen soll, die Mühlkreisbahn aus dem Wahlkampf herauszuhalten, um nicht dasselbe Dilemma wie vor 5 Jahren zu erleben.

Man kann eine Verlängerung dieser Misere den Verkehrsteilnehmern – auch jenen auf der Straße – nicht mehr länger zumuten und wir nehmen an, dass Sie diese auch nicht verantworten wollen. Denn jeder, der im Zug sitzt, ist nicht auf der Straße.

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann, wir appellieren an Sie, dass endlich mit den Modernisierungsmaßnahmen an der Mühlkreisbahn begonnen wird.  Es kann doch nicht sein, dass es mehr als 10 Jahre (s. Aussendungen oben) dauert, dass überhaupt Maßnahmen angedacht werden. Durch die Laufzeit des Verkehrsdienstevertrages wäre es möglich die Zeit zu nutzen, um mit den ÖBB (bzw. Bund) gemeinsam Verbesserungen umzusetzen. Wäre es nicht überhaupt sinnvoller für die Mühlkreisbahn eine ähnliche Vorgangsweise wie für Almtal- und Hausruckbahn zu wählen? Oder geht es nur darum, dass die Linz Linien mit einer attraktiven Strecke erweitert und bedient werden sollen.

Wir erneuern deshalb hier nochmals unsere Forderungen, sowie es auch in der Präambel zur Gründung der Plattform Zugkunft Mühlkreisbahn nachzulesen ist:

Wir fordern
+ einen verantwortungvollen Umgang von ÖBB, Republik Österreich und Land OÖ mit der Mühlkreisbahn
+ Erhalt, Ausbau und Attraktivierung der Bahn
+ sofortige Beseitigung der Langsamfahrstellen
+ Fahrzeitverkürzung auf rd. eine Stunde von Rohrbach nach Linz
+ Taktfahrplan und Vertaktung mit der Straßenbahn sowie Zubringerbussen
+ Verbindung mit dem Hauptbahnhof – vollwertiger Bahnanschluss mittelfristig
+ Attraktivierung von Bahnhöfen und Parkplätzen
+ ganzjährige Barrierefreiheit
+ Wiederaufnahme des Güterverkehrs

11.000 Menschen haben für die rasche Modernisierung der Bahn unterschrieben, unter Ihnen auch Abt Martin als „besorgter Mitbürger“, wie er selbst zum Ausdruck bringt.  Umgelegt auf den Bezirk Rohrbach (als Beispiel) würde dies 19% aller Bewohner bedeuten!!!
345 Menschen haben im blog (mittlerweile knapp 65.000 Aufrufe) ihre Unterstützung für die Modernisierung der bestehenden Mühlkreisbahn zum Ausdruck gebracht.
15 Gemeinden haben eine Resolution im Gemeinderat für eine moderne Mühlkreisbahn fast zu 100% einstimmig beschlossen, das sind nahezu die Hälfte der Gemeinden des Bezirks.
Die allermeisten Kommentare in div. Medien zum Thema Mühlkreisbahn sprechen sich mit großer Mehrheit gegen die RegioTram-Variante aus.

Politik muss für die Menschen der Region gemacht werden: das zeigt die große Anzahl dieser Unterstützer.

Es kann nicht sein, dass der ländliche Raum auf Kosten des Zentralraumes ausgehungert wird. Denn gerade hier wohnen jene Menschen, die ihre Arbeitsplätze in Linz haben und somit ein Recht auf eine bequeme und stressfreie Anfahrt haben.

Wir haben das Glück eine Bahnverbindung zu haben, die mit entsprechendem Willen zu einem Vorzeigeprojekt im Öffentlichen Verkehr ausgebaut werden kann! Daher ist es nicht zu spät die richtigen Weichenstellungen für die Mühlkreisbahn zu setzen.

Der Möglichkeiten eröffnen sich hier viele. So wäre es ein Leichtes, die modernisierte Mühlkreisbahn in einem ersten Schritt über eine Nahverkehrsdrehscheibe Nord am Mühlkreisbahnhof optimal in den Linzer Stadtverkehr einzubinden. Ein Vorschlag, dem Herr LHStv. Hiesl bei einer Diskussionsveranstaltung im Stift Schlägl einiges abgewinnen konnte und in Richtung Bezirk meinte: „Ihr müsst sagen, was Ihr wollt.“ Die derzeit prekäre Umsteigesituation würde damit entschärft und das zweifelhafte Argument der „Umstiegsfreiheit“, welche lt. Verkehrsexperten im Nahverkehr kein zentrales Qualiätskriterium ist, relativiert. Mittel- bis langfristig sollte die Bahn auch über die Donau geführt und in ein OÖ. S-Bahnsystem integriert werden.  Das alles um nur max. die Hälfte der Kosten für Umspurung und Neubau, bei dem eine Unmenge an wertvoller Infrastruktur vernichtet würde.

Es wäre damit beiden gedient: dem Oberen Mühlviertel und der Stadt Linz gleichermaßen. Dass auch das Mobilitätsverhalten einem Wandel unterworfen ist, belegt  eine jüngst veröffentlichte Umfrage unter jungen Menschen bis 30: 69% wollen den Ausbau der Öffis und das ist für diese Gruppe das zweit-wichtigste Thema!

Wir wollen hier ernstgenommen werden und erwarten auch, dass wir gehört werden. Wir wollen nicht, dass die Mühlkreisbahn als Tauschobjekt für die Durchsetzung anderer Projekte herhalten muss. Und wir wollen auch nicht, dass die Gemeinden, die sich für die Bahn einsetzen „an die Kandare“ genommen werden.

Denn es geht um die Zukunft der Mobilität, die sich in den nächsten Jahren grundlegend ändern wird. Es geht um die kommenden Generationen, um Lebensqualität und Umwelt vor dem Hintergrund des Klimawandels und um Schöpfungsverantwortung. Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Es geht auch darum, dass eine stark vom Auspendeln betroffene Region ein adäquates und zukunftsfähiges Verkehrsmittel hat, um der Abwanderung entgegenzuwirken. Es geht um die Tourismusregion Böhmerwald und um die im Entstehen begriffene Europaregion Donau-Moldau, und es geht letztlich um die Zukunft des Bezirks. Und es kann nicht darum gehen, dass den Menschen etwas vorgegaukelt wird, was eh nicht kommen wird.

Daher appellieren wir an Sie, Herr Landeshauptmann nocheinmal eindringlich, das Wahlversprechen Ihrer Partei wahrzumachen, den entsprechenden Regierungsbeschluss aus dem Jahr 2009 umzusetzen und den Ausbau der Mühlkreisbahn von Aigen bis Linz jetzt in Angriff zu nehmen. Die Bevölkerung wird es Ihnen danken.
Wir zählen auf Sie.


Unser Anliegen und unsere Vorstellungen sind wir auch gerne bereit mit Ihnen in einem persönlichen Gespräch im Detail zu erörtern und ich ersuche diesbezüglich höflich um einen Gesprächsterm in Begleitung von ein bis zwei Personen.

Ich darf  Ihnen an dieser Stelle im Namen der Plattform Zugkunft Mühlkreisbahn, die sich als Sprachrohr jener Menschen im Bezirk sieht, die sich für eine moderne Bahn in den Böhmerwald einsetzen, schöne Weihnachtsfeiertage und ein erfolgreiches Neues Jahr wünschen.

Mit den besten Grüßen



Alois Hain
Sprecher


Brief ergeht per e-mail zusätzlich an:

Mitglieder der OÖ Landesregierung
Mitglieder des OÖ Landtagspräsidiums
Abgeordnete des Bezirks Rohrbach zum OÖ. Landtag
Klubobleute
Bezirkshauptfrau Dr. Wilbirg Mitterlehner
Sprecher der Bürgermeisterkonferenz Wilfried Kellermann
Bezirksparteiobleute
Bundesminister Alois Stöger
Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner
Nationalratsabgeordnete Gabriela Moser